Was ist ein Nachlassgericht?

Was ist ein Nachlassgericht?
29. September 2020 hejlife
In Vermächtnis
Was ist ein Nachlassgericht?

Die Regelung vom Nachlass ist nicht immer einfach. Dabei geht es nicht nur um das Erbe, das im Rahmen von einem Testament niedergeschrieben wird. Auch ein digitaler Nachlass will ordentlich dargelegt und geklärt werden, damit es am Ende des Lebens weder zu Unstimmigkeiten, noch zur freien Verfügbarkeit von wichtigen Daten kommt.

Ein Notar kann beim Erstellen vom Testament helfen. Auch dann, wenn digitales Erbe berücksichtigt werden muss. Doch der Notar alleine reicht nicht immer aus. Es gilt zusätzlich, eine Nachlasspflegschaft und somit einen Nachlassverwalter für das Erbe zu bestimmen. Das zuständige Nachlassgericht stellt hier den passenden Nachlasspfleger automatisch zur Verfügung. Was das Nachlassgericht außerdem damit zu tun hat und welche Aufgaben das Gericht im Rahmen der Erbschaft hat, möchten wir hier etwas genauer erläutern.

Was ist das Nachlassgericht?

Das Nachlassgericht ist für die Abwicklung einer Erbschaft zuständig. Es ist jedoch keine zentrale Anlaufstelle. Jedes Nachlassgericht hat einen festen Aufgabenkreis, der innerhalb vom Gesetz klar definiert ist. Gibt es Auseinandersetzungen um die Erbschaft zwischen den einzelnen Erbberechtigten, müssen diese Auseinandersetzungen abseits des Nachlassgerichts geklärt werden. Dafür ist das Gericht nicht zuständig.

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Was sind die Aufgaben des Nachlassgerichts?

Stirbt ein Mensch, dann sind die Angehörigen und Verwandten in vielen Fällen erst einmal überfordert. Sie wissen nicht genau, was nun die nächsten Schritte sind und können im Rahmen ihrer Trauer viele Dinge gar nicht sofort entscheiden. Einerseits, weil ihnen die Erfahrung fehlt und auf der anderen Seite auch, weil sie sich zuerst einmal mit dem Tod des Angehörigen auseinandersetzen wollen.

Die Aufgaben des Nachlassgerichts beziehen sich auf das Verfahren von Erbverträgen und von Testamenten. Das Gericht sichert zudem bei Bedarf den Nachlass. Es eröffnet Testamente und ermittelt Erben. Außerdem erteilt es Erbscheine und ist Ansprechpartner im Rahmen der Testamentsvollstreckung. Zudem hat es die Nachlassverwaltung inne, so dass das Nachlassgericht auch die Nachlasspflegschaft übernimmt und einen Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter stellt.

Was gehört nicht zu den Aufgaben des Nachlassgerichts?

Zuerst einmal muss berücksichtigt werden, dass das Nachlassgericht keine Auskunftsstelle ist. Es berät nicht und hilft auch nicht bei Streitigkeiten. Zudem prüft ein Nachlassgericht nicht, ob ein Testament wirksam ist oder nicht. Es empfiehlt den Erben auch nicht, ob sie die Erbschaft ausschlagen sollen oder ob sie sie annehmen sollen. Die Widerspruchsregelung ist hier zu empfehlen.

Das Nachlassgericht informiert auch nicht darüber, wie hoch die Erbschaftssteuer ist oder wie lange der Prozess der Teilung des Nachlasses dauert. Ebenso wird das Nachlassgericht keine Auskunft darüber geben, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um den Pflichtanteil beim Erbe geltend machen zu können.

Wer diesbezüglich Unterstützung benötigt, Hilfe in Anspruch nehmen möchte oder sich beraten lassen will, muss sich an einen Anwalt für Erbrecht oder an einen Notar wenden. Sie werden entsprechende Beratung anbieten und gegebenenfalls auch rechtliche Schritte in die Wege leiten.

In vielen Fällen empfiehlt es sich, zuerst einmal Ruhe zu bewahren und alles Schritt für Schritt zu durchdenken. Oftmals ist man emotional viel zu sehr beladen, um direkt nach dem Tod eines Angehörigen einen klaren Gedanken zu fassen. Deshalb lohnt es, zuerst einmal durchzuschnaufen, alles zu verarbeiten und dann die entsprechenden Schritte in die Wege zu leiten.

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Informiert das Nachlassgericht die Erben?

Das Nachlassgericht ist an das Standesamt gebunden und erhält im Sterbefall automatisch eine Information. Und zwar die sogenannte Todesanzeige. Das Standesamt ist für das Führen von Familienstammbüchern verantwortlich, in denen die Namen sowie die Adressen der Eltern und der Kinder aufgeführt werden. Diese Daten nimmt das Standesamt und leitet sie im Todesfall an das Nachlassgericht weiter.

Das Nachlassgericht seinerseits hat dann die Aufgabe, die Bearbeitung des Sterbefalls vorzunehmen. Dazu ist das Nachlassgericht von Amts wegen verpflichtet. Aus diesem Grund werden die Angehörigen auch automatisch über das Nachlassgericht bei Tod eines Angehörigen informiert.

Weiterhin setzt das Nachlassgericht den Angehörigen eine Frist von 6 Wochen. Ab Zustellung der Nachricht haben die Angehörigen dann die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob sie die Erbmasse annehmen oder ausschlagen. Auch hier noch einmal der Hinweis zur Widerspruchsregelung.

Die Erben werden somit automatisch vom Nachlassgericht informiert. Allerdings erstmal nur dann, wenn es sich um einen materiellen oder finanziellen Nachlass handelt. Ein digitales Erbe und somit ein digitaler Nachlass wird nur dann an die Angehörigen übermittelt, wenn das im Testament auch so festgeschrieben wurde. Viele vergessen, dass ein digitaler Nachlass vorhanden ist und berücksichtigen ihn deshalb nicht in der Erbmasse. Wer aber online sehr aktiv ist und dort eventuell auch sein Geld verdient hat, sollte diesen Schritt niemals vergessen. Denn die Angehörigen haben sonst keine Möglichkeit, auf Social-Media-Kanäle und Webseiten zuzugreifen.

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Was tun, wenn die Entscheidung des Nachlassgerichts nicht richtig erscheint?

Sind die Erben mit der Entscheidung vom Nachlassgericht nicht einverstanden, haben Sie die Möglichkeit, ein Rechtsmittel beim Amtsgericht oder beim Nachlassgericht einzureichen. Die sogenannte Rechtsbeschwerde sieht eine Beschwerdefrist von einem Monat ab Zustellung der Information zur Erbschaft vor. Außerdem kann das Rechtsmittel eingelegt werden, wenn beispielsweise kein Erbschein ausgestellt wird. Auch hier haben die Erben immer die Möglichkeit, sich anderweitig Hilfe zu holen und ihr Recht auf juristischen Weg einzufordern.


Hinweis: Unsere Beiträge sind keine Rechtsberatung, für rechtliche Fragen sprich bitte mit einem Anwalt oder Notar. Fotohinweis: Titel: Photo by Mateus Campos Felipe on Unsplash, Small: Photo by Brooke Cagle on Unsplash, Photo by Kinga Cichewicz on Unsplash, Photo by Windows on Unsplash

Comments (6)

  1. Noah 11 Monaten vor

    Die Thematik zur Abwicklung einer Erbschaft beschäftigt mich schon seit längerem. Deshalb bin ich echt glücklich, dass ihr mir hier weiterhelfen konntet. Jetzt weiß ich, was ich wissen muss.

  2. Oscar 1 Jahr vor

    Vielen Dank für den informativen Beitrag zum Thema Erbrecht. Viele Infos haben mir schon sehr gut weitergeholfen. Wir werden uns an einen Notar wenden. Es gibt bestimmt einiges zu beachten bei der Erstellung eines Testaments.

  3. Danke für diesen Beitrag über die Aufgaben eines Nachlassgerichts. Ich beschäftige mich gerade mit Erbrecht, da ein Bekannter verstorben ist, der ein Erbe hinterlassen hat. Guter Hinweis, dass man die Möglichkeit hat, ein Rechtsmittel beim Amtsgericht oder beim Nachlassgericht einzureichen.

  4. Meine Oma ist kürzlich leider verstorben und hat meine Mutter zur Testamentsvollstreckerin ernannt. Nun sind sie leider in einem Familienstreit. Gut, dass das Nachlassgericht auch Ansprechpartner im Rahmen der Testamentsvollstreckung ist.

  5. Gut zu wissen, dass Nachlassgerichte nicht nur Testamente sichern, aber auch die Erben ermitteln. Mein Neffe hofft, dass er eines Tages ganz unerwartet ein großes Vermögen geerbt. Er hofft, dass ihn ein Nachlassgericht als Erben eines Tages entdeckt und ihn damit reich macht.

  6. Lena 2 Jahren vor

    Hallo, danke für den informativen Beitrag zum Thema Erbrecht. Eine gute Freundin muss sich leider mit dieser Sache auseinandersetzen, da ihre Oma kürzlich verstorben ist. Ich wusste gar nicht, dass es ein Nachlassgericht gibt, welches nur für die Auseinandersetzungen um die Erbschaft zwischen Erbberechtigten zuständig ist.

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